Radiosender Mujb´Ab´l yol - MJBL

Mujb’Ab’l yol ist ein kommunaler Radiosender im Distrikt Quetzaltenango, Guatemala. Er gehört zu den Basis- oder Gemeinderadios und versteht sich als Sprachrohr der ländlichen indigenen Bevölkerung, deren oft einzige Informationsquelle batteriebetriebene Radios sind. Drei Aspekte spielten eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, die Menschen im Hochland von Guatemala per Radio aufzuklären:

  • Die hohe Analphabetenrate in Guatemala, vor allem in den ländlichen Gegenden.
  • Landessprache ist Spanisch, die Mehrheit der Landbevölkerung und Maya-Nachfahren spricht jedoch eine der 22 Maya-Sprachen, bzw. das afrokaribische Garifuna oder Xinca.
  • In den ländlichen Gegenden gibt es kaum Zeitungen oder andere politische Lektüre. Kleine batteriebetriebene Radios sind jedoch in vielen Familien vorhanden.
Mujb’Ab’l yol bedeutet „Treffpunkt der Äußerungen“. Der Radiosender besteht seit 1987 zunächst unter dem Namen „Voz Popular“ (Stimme des Volkes) und verstand sich damals als offizielles Sprachrohr der guatemaltekischen Widerstandsbewegung während des Bürgerkriegs. Zunächst berichtete der Sender auf illegalen Frequenzen über die politische und soziale Lage in Guatemala. Die ModeratorInnen sendeten ihre Nachrichten vorwiegend in indigenen Sprachen, aber auch in der Landessprache Spanisch.
Nach Unterzeichnung des Friedensvertrages im Jahre 1996 wurde den AktivistInnen um Mujb´Ab´l yol eine legale Frequenz zugesagt. Doch noch heute ist die politische Arbeit des Senders keine ungefährliche Selbstverständlichkeit. Die AktivistInnen um den Sender verfolgen ihre Ziele trotz der permanenten staatlichen Repressionen jedoch mit bewundernswerter Ausdauer.

Einer der AktivistInnen ist Alberto Ramirez Recinos, Gründungsmitglied von Radio Mujb´Ab´l yol. Bereits bei „Voz Popular“ war er für das Senden per Radio von den Hängen der Vulkane aus verantwortlich, in ständiger Angst, verhaftet oder umgebracht zu werden. In den Untergrund ging er aufgrund seiner eigenen traumatischen Familiengeschichte, und dies schon, bevor er zum Teenager wurde. Alberto Recinos ist auch heute noch der Vorsitzende von Mujb´Ab´l yol. Den Mariposa-Mitgliedern ist Alberto Recinos seit über 20 Jahren ein enger Vertrauter. Er ist nach wie vor eine positive, treibende Kraft im Bemühen um die Meinungsfreiheit für Guatemala.

Wegzudenken ist Mujb´Ab´l yol aus dem politischen Leben Guatemalas heute nicht mehr. Die AktivistInnen engagieren sich in der Gemeinwesenarbeit genauso wie in der Vernetzung mit anderen Gemeinderadios. Insgesamt sind heute ca. 30 kleine, lokale Sender unter dem Verbund von Mujb´Ab´l yol vertreten. Es kommt von Seiten der Regierung immer wieder zu Repressionen oder Konfiszierung von Equipment. Doch die Sender helfen sich gegenseitig aus. Sie sind heute überregional bekannt und gut strukturiert. Im Jahr 2015 wurde Alberto Ramirez Recinos von den Vereinten Nationen (UN) nach New York eingeladen, um auch dort über die nicht vorhandene Meinungsfreiheit in Guatemala zu referieren.

Seit 2010 gibt es bei Mujb´Ab´l yol einen Jugendsender, genannt „Doble Via“. Hier lernen junge Menschen, eine eigene Meinung zu entwickeln und Themen anzusprechen, die bisher tabu waren. Dabei geht es nicht nur um Politisches, sondern u.a. auch um Gender- und Beziehungsfragen, nationale oder internationale Ausbildungschancen etc.
Die AktivistInnen von Mujb´Ab´l yol bemühen sich weiter um das Recht auf freie Informations- und Meinungsäußerung und um die politische Bildung der indigenen Bevölkerung. Es werden zudem Bildungsprogramme für abgelegene Schulen produziert und es wird weiterhin im Radio in den indigenen Sprachen gesendet.
Im Laufe der Jahre hat Mujb´Ab´l yol international viel Anerkennung und auch finanzielle Förderung erfahren. Mit den Geldern wurde die Ausbildung von ModeratorInnen und Technikern verbessert sowie in neues Equipment investiert. Im Jahr 2013 konnte eine neue Radiostation fertiggestellt werden. Mariposa e.V. beteiligte sich zum großen Teil am Kauf des Grundstücks und fördert den Sender finanziell seit über 20 Jahren. Mujb´Ab´l yol finanziert sich ausschließlich über Spenden und Öffentlichkeitsarbeit. Staatliche Förderungen sind weiterhin nicht zu erwarten.